„Viele Spieler hören auf, weil sie nie eine echte Chance bekommen“ – Moritz Schenkel über Nachwuchs & Probleme (Teil 1)
Im zweiten Teil des Gesprächs mit Moritz Schenkel, Nationalspieler von Waspo Hannover, geht es noch tiefer in die strukturellen Probleme des deutschen Wasserballs. Offen, kritisch und zugleich konstruktiv spricht Schenkel über eine der größten Schwachstellen des Systems: den Verlust von Talenten, die den Sport verlassen, weil sie über Jahre hinweg keine echte Perspektive erhalten.
Moritz beschreibt eindrücklich die Lücke zwischen Jugend- und Männerbereich, insbesondere im Alter zwischen 18 und 23 Jahren. In genau dieser Phase entscheiden sich Karrieren – oder enden. Viele Spieler trainieren hart, investieren Zeit und Energie, bekommen aber weder konstante Spielzeit noch gezielte Förderung. Statt Verantwortung zu übernehmen, verlieren sie den Anschluss oder hören komplett auf. Für Schenkel ist klar: Das Problem liegt nicht im fehlenden Willen der Spieler, sondern in den fehlenden Übergangsstrukturen.
Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist die Rolle ehemaliger Nationalspieler und erfahrener Akteure. Moritz plädiert dafür, diese Personen viel stärker in Verbände, Vereine und Nachwuchsarbeit einzubinden. Sie bringen nicht nur Fachwissen, sondern vor allem Glaubwürdigkeit, Vorbilder und Identifikation. Genau diese Schnittstellen seien in Deutschland oft unbesetzt – mit fatalen Folgen für die Entwicklung junger Athleten.
Kritisch äußert sich Schenkel auch zur Außendarstellung des Sports. Fehlende Medienarbeit, unübersichtliche Websites, kaum Berichterstattung über Bundesliga und Nationalmannschaft – all das erschwere es, Begeisterung zu erzeugen. Selbst nationale Spiele würden kaum beworben, wodurch wertvolle Chancen zur Sichtbarkeit ungenutzt bleiben. Für einen Nischensport wie Wasserball sei externe Wahrnehmung jedoch überlebenswichtig.
Im Gespräch über die deutsche Nationalmannschaft zeigt sich Moritz dennoch optimistisch. Der aktuelle Weg mit einem sehr jungen Team sei richtig, auch wenn kurzfristige Erfolge nicht garantiert seien. Die anstehenden Weltmeisterschaften betrachtet er als enorme Chance für die Spieler – nicht wegen der Ergebnisse, sondern wegen der Erfahrungen: Spiele vor zehntausenden Zuschauern, Duelle mit Weltklasse-Nationen und der emotionale Druck eines Großevents seien durch nichts zu ersetzen.
Besonders positiv hebt er die Arbeit von Bundestrainer Petar Porobić hervor. Im Vergleich zu früheren Ansätzen erkenne man erstmals wieder einen klaren roten Faden im Training – von der ersten Einheit bis zum Abschlussspiel. Für junge Spieler sei das extrem wertvoll, weil sie lernen, Wasserball nicht schematisch, sondern ganzheitlich und situationsbezogen zu verstehen.
Gleichzeitig bleibt Schenkel realistisch: Deutschland startet aktuell bei null. Die Generation der vergangenen Jahre ist weg, Strukturen müssen neu aufgebaut werden. Entscheidend sei nun, ob Verband, Vereine und Spieler bereit sind, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen – oder ob man weiter über Probleme spricht, ohne sie aktiv anzugehen.
Diese Episode ist ein ehrlicher, tiefgehender und sehr relevanter Einblick in die Realität des deutschen Wasserballs – aus Sicht eines aktiven Nationalspielers, der nicht nur kritisiert, sondern Lösungen einfordert.
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🤽♂️ Für alle, die verstehen wollen, warum Talente verloren gehen – und was sich ändern muss.
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